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Leseprobe II von Karin Baseda-Maass

Erinnerungen an die Schulzeit: Der Weihnachtsmann packt aus

"... "Crashkurs!" MM stampfte mit dem Stiefel auf und brummelte in seinen weißen Bart: "So weit ist es mit uns gekommen. Es ist eine Schande!"

Und schon kramte er tief in seinen Erinnerungen und beschwor die längst vergessenen Bilder herauf:

Damals, nach einem Weihnachtsfest mit meterhohem Schnee, war ganz früh morgens ein Rentierschlitten vorgefahren. Seine Mutter hatte ihn geweckt, ihn noch einmal schnell umarmt, und dann war es in sausender Fahrt durch die Lüfte gegangen. Er war noch gar nicht richtig wach gewesen und hatte verwundert die schneebedeckten Häuser und Baumwipfel von oben angeschaut.

MM sah es vor sich, als sei es gestern gewesen.

Über einem dichten Tannenwald verlangsamte der Schlitten schließlich seine Fahrt und stoppte vor einem wundersamen Haus. Es war aus Holz und s ah irgendwie windschief aus mit seinem schrägen Schornstein, aus dem weißer Rauch schnurgerade zum Himmel aufstieg. Fenster hatte es keine. Nur ein großes Tor. Vor diesem standen schon ein paar Jungs, und der Größte von ihnen sagte: "Endlich! Du bist der letzte, alle anderen sind schon da." Und er rief in die Runde: "Los, Leute! Dann können wir ja rein gehen."

Das große Tor öffnete sich wie von Geisterhand und alle Jungen traten nacheinander ein. Was sich außen so unscheinbar gezeigt hatte, präsentierte sich innen viel größer. Und recht behaglich.

Sie durchquerten eine schummerige Halle, die nur mit Kerzen erleuchtet war und gelangten in ein kuschelig warmes Gewölbe mit einem langen gedeckten Holztisch. Am Kopfende saß ... der Weihnachtsmann. Am Tag zuvor hatte er noch Geschenke verteilt, nun saß er hier und guckte erwartungsvoll in die Runde.

Niemand wusste, was er tun oder sagen sollte, alle blickten sich scheu im Raum um. "Nun steht doch nicht so dumm rum", meinte der Weihnachtsmann und machte eine einladende Geste: "Setzt euch erst mal! Ihr werdet doch sicher hungrig sein."

Als sie auf den Hockern Platz genommen hatten, merkten sie, dass sie zu zwölft waren. Auf jeder Seite saßen sechs Jungen.

Der Weihnachtsmann betrachtete sie aufmerksam und schmunzelte über ihre zweifelnden Blicke: "Genau wir ihr saß ich vor vielen Jahren auch einmal an dieser Tafel. Und auch ich konnte kaum glauben, dass ich jemals ein Weihnachtsmann sein würde. Aber keine Sorge!" Er klatschte in die Hände und ein Koch erschien. Mit einer großen Terrine, aus der ein leckerer Duft strömte. "Sonntagsbraten!", flüsterte einer der Jungen. "Schokoladentorte", murmelte sein Nachbar. Aber von gegenüber sagte der kleine Blonde: "Schokoladentorte in 'ner Terrine? Quatsch, das ist Nudelsuppe!"

"Das ist Willem, unser Meisterkoch", meinte der Weihnachtsmann. "Er wird eure spindeldürren Ärmchen und Beinchen aufpäppeln und dafür sorgen, dass ihr Fleisch auf die Rippen kriegt. Ja, schnuppert ruhig, er hat für jeden das Leibgericht. Ich sage euch, in ein paar Jahren seid ihr genauso groß und wohlgenährt wie ich, denn hier weht ein anderer Wind als draußen und hier ticken die Uhren anders." Und er zeigte auf die sechseckige Uhr an der Wand, deren Zeiger sich schwindelerregend schnell drehten..."

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